Das sogenannte Hochstapler-Selbstkonzept betrifft Menschen, die trotz offensichtlichem Nachweis ihrer Fähigkeiten davon überzeugt sind, ihren Erfolg nicht verdient zu haben. Sie sehen sich selbst als Hochstapler und haben Angst als solche entlarvt zu werden. Diese Überzeugung löst Ängste und enormen Stress aus. Personen mit diesem Selbstkonzept haben ein hohes Risiko am Burnout-Syndrom bzw. an einer Depression zu erkranken. Ein Überblick.- Autor: GS

Manchmal wird bei dem soeben beschriebenen Phänomen auch vom Hochstapler- oder Impostor-Syndrom gesprochen (1). Die Bezeichnung als Syndrom ist allerdings sehr umstritten und in der Fachwelt nicht anerkannt. Universitäre Einrichtungen verwenden hauptsächlich den Begriff Hochstapler-Selbstkonzept. Umfassende Informationen zu dem Thema finden sich in dem im Hogrefe Verlag erschienen Buch von Sonja Rohrmann mit dem Titel „Wenn Leistungen zu großen Selbstzweifeln führen“ (2).

In abgeschwächter Form kennen das vielleicht viele Menschen, die eine bedeutende Position bekleiden. Man hat das Gefühl ständig beweisen zu müssen, dass man seinen Job verdient und hinterfragt ständig, ob man auch wirklich gut genug dafür ist. Menschen mit Hochstapler-Selbstkonzept sind jedoch davon überzeugt, dass ihr Erfolg nur auf Glück oder Zufall basiert und dass andere sie fälschlicherweise für fähig halten.

Merkmale des Hochstapler-Selbstkonzeptes

Wie äußert sich nun dieses Phänomen? Personen mit Hochstapler-Selbstkonzept haben sehr hohe Leistungsansprüche an sich selbst. Sie haben das Bedürfnis außerordentlich gut bzw. der oder die Beste zu sein. Dies ist häufig mit einem Hang zum Perfektionismus verbunden.

Der große Stressfaktor liegt aus meiner Sicht an zwei Komponenten:

– Zum einen existieren enorme Versagensängste und

– zum anderen ist das erfolgreich Sein mit großen Schuldgefühlen verbunden. Diese Schuldgefühle entstehen aus der Angst, von anderen aus Neid oder weil man anders ist, verurteilt zu werden. (3)

Durch diese beiden Ängste kann es kaum Phasen der Zufriedenheit geben. Bleiben Erfolge aus, befürchten Betroffene zu versagen oder den Erwartungen nicht zu entsprechen. Wird ein Ziel jedoch erreicht, stellen sich Schuldgefühle ein. Dadurch ist ständig eine Stress- und Drucksituation gegeben, die langfristig das Entstehen von Burnout begünstigt. Dazu kommt noch, dass die Angst vor Misserfolg diese Personen zu besonders harter Arbeit und Überanstrengung bewegt.

Wen betrifft das Hochstapler-Selbstkonzept?

Das Phänomen tritt hauptsächlich bei Erwachsenen auf. Es konnte aber bereits auch bei 10-12-jährigen Schüler und Schülerinnen beobachtet werden. Mit höherem Alter nimmt die Neigung eher ab. In den Familien der Betroffenen herrscht ein hoher Leistungsanspruch vor. Erfolge sollen dort ohne große Anstrengungen erzielt werden. Zumeist geht auch von Geschwistern ein Konkurrenzdruck aus.

Es wird zudem vermutet, dass das Selbstkonzept immer dann besonders häufig auftaucht, wenn Erfolg untypisch für das Geschlecht, die Herkunftsfamilie, das Umfeld oder die ethnische Zugehörigkeit der Person ist. (4)

Was sollten Menschen mit Hochstapler-Selbstkonzept tun?

Da das Hochstapler-Selbstkonzept seine Wurzeln zum Großteil in der Kindheit hat und Verhaltensmuster sehr festgefahren sind, empfiehlt sich bei starker Ausprägung des Phänomens eine Psychotherapie oder ein Coaching. Insbesondere, wenn Symptome eines Burnout-Syndroms oder einer Depression auftreten, sollte man sich umgehend Hilfe holen.

Artikeldownload

(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Hochstapler-Syndrom
(2) Rohrmann, Sonja (2019): Wenn große Leistungen zu großen Selbstzweifeln führen – Das Hochstapler-Selbstkonzept und seine Auswirkungen; Bern: Hogrefe Verlag
(3) Rohrmann, Sonja (2019): Wenn große Leistungen zu großen Selbstzweifeln führen – Das Hochstapler-Selbstkonzept und seine Auswirkungen, S 19ff; Bern: Hogrefe Verlag
(4) Rohrmann, Sonja (2019): Wenn große Leistungen zu großen Selbstzweifeln führen – Das Hochstapler-Selbstkonzept und seine Auswirkungen, S36ff; Bern: Hogrefe Verlag

Facebooktwitterpinterestlinkedinmail