Es gibt noch wenige Forschungsergebnisse darüber, aber vieles spricht dafür, dass uns eine gute Verdauung, insbesondere eine gute Darmflora, resistenter gegen Stress und Burnout macht. Trifft der altbekannte Spruch „Gesundheit beginnt im Darm“ auch auf die psychische Gesundheit zu? Eine Zukunftsvision. – Autor: GS

Den Bestseller „Darm mit Charme“ von Giulia Enders haben wahrscheinlich einige von Ihnen gelesen. Hier bin ich das erste Mal auf den Einfluss der Darmflora auf unser Gehirn gestoßen. In dem Buch wird geschildert wie Mäuse ihr Verhalten ändern, wenn sie andere Darmflorabakterien erhalten. Die Tiere können dadurch mutiger oder ängstlicher werden. (1)

Die Darmflora hat Auswirkungen auf sämtliche Aspekte unserer Gesundheit

Noch weitreichender sieht der Forscher und Neurologe John Cryan den Einfluss der Darmflora. In einem Interview mit dem Standard (2) sagt John Cryan: „„Die Darmflora hat Einfluss auf sämtliche Aspekte unserer Gesundheit … nicht nur auf den Magen-Darm-Trakt, sondern etwa auch auf unser Herzkreislaufsystem.“

Ähnlich wie Enders vermutet er, dass eine Veränderung der Zusammensetzung unserer Darmbakterien auch zu Verhaltensänderungen führt. Versuche bei Tieren zeigen, dass diese durch Verabreichung bestimmter Lactobakterien weniger intensiv auf Stress reagieren.

Daraus würde ich jetzt nicht ableiten, dass wir uns jetzt sofort Darmflorapräparate in großen Mengen zu Gemüte führen müssen, um resistenter gegen Stress zu sein. Die Forschung ist in diesem Gebiet ja erst am Anfang. Aber diese Erkenntnisse könnten uns zu einer gesunden, ausgewogenen Ernährung motivieren.

Hängen psychische Krankheiten mit der Darmflora zusammen?

Cryan sieht einen sehr starken Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und der Darmflora. Man könne zum Beispiel im Darm ablesen, ob eine Person in seinem frühen Leben psychischem Stress ausgesetzt war.

Interessante Aufschlüsse zu diesem Thema liefert auch ein Artikel in der Zeitschrift Gehirn&Geist (3). Demnach legen Studien nahe, dass die Darmflora die Stabilität der Blut-Hirn-Schranke ändern kann, und auch ein Zusammenhang mit Depressionen sei gegeben.

Weiters wird in dem Artikel vermutet, dass eine gesunde Darmflora für einen höheren Serotoninspiegel sorge. So sollen Abfallprodukte bestimmter Darmbakterien Zellen der Dickdarmwand dazu anregen, Serotonin zu produzieren. Also jenen Botenstoff, der auch unsere Stimmungen beeinflusst. Serotonin „gibt uns das Gefühl der Gelassenheit, inneren Ruhe und Zufriedenheit …. Depressive Verstimmungen lassen sich neurochemisch häufig auf einen Mangel an Serotonin oder seiner Vorstufe, der Aminosäure Tryptophan, zurückführen.“ (4)

In diesem Licht erscheint die Darmflora als wichtiger Faktor bei der Stressbewältigung und Vermeidung von Depressionen. Wer oft unter Stress steht oder sogar Burnout gefährdet ist, sollte deshalb sehr auf seine Verdauung und auf eine gesunde Darmflora achten.

Eine Zukunftsvision

Die Forschungen rund um dieses Thema werden immer mehr vorangetrieben. Die Anzahl der Versuche und Experimente auch am Menschen nehmen zu. Auch wenn wir aufgrund der Komplexität unseres Verdauungssystems noch geduldig sein müssen, so glaube ich können wir hier in Zukunft noch viel erwarten. Ich sehe die Szene beim Hausarzt schon kommen:

„Herr Doktor, ich fühle mich in letzter Zeit so matt und habe oft schlechte Stimmung.“

„Kein Problem, ich verschreibe Ihnen ein paar gute Darmbakterien und in ein paar Wochen geht‘s Ihnen besser!“

Artikeldownload

 

(1) Giulia Enders (2014): Darm mit Charme (20. Auflage) – S 144. Berlin: Ullstein Buchverlage GmbH

(2) http://derstandard.at/2000023936548/Hirnforscher-Wir-sind-Marionetten-unserer-Darmbakterien

(3) Peter Andrey Smith (2016): Die Darm-Hirn-Achse. In: Gehirn&Geist,  Heft Nr. 03/2016, S 60-65

(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Serotonin#Stimmung

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