Wenn wir sehr viele unerledigte Aufgaben und Probleme im Kopf haben, belastet uns das. Die Gedanken drehen sich ständig um diese offenen Themen und oft empfinden wir dabei Stress. In diesem Zusammenhang wird auch vom Zeigarnik-Effekt gesprochen. Was hat es mit diesem Effekt auf sich und wie kann er uns helfen, Belastungen zu reduzieren? – Autor: Gerd Schmid

Die russische Psychologin Bluma Zeigarnik beobachtete in einem Café, dass sich ein Kellner die Bestellungen für jeden einzelnen Gast präzise im Kopf merkte. Einige Minuten, nachdem er die Getränke und Speisen serviert hatte, wusste er jedoch nicht mehr, wer was bestellt hatte. Dieses Phänomen stieß auf das Interesse der Russin. In weiteren Studien stellte Zeigarnik fest, dass sich Personen besser an Aufgaben oder Tätigkeiten erinnern können, wenn sie noch nicht abgeschlossen sind. (1)

Der Zeigarnik Effekt besagt also, dass man sich an unterbrochene Handlungen besser erinnern kann als an abgeschlossene. Eine Erklärung dafür könnte die aufgebaute Spannung am Beginn einer Tätigkeit sein (2):
Sobald ich vorhabe eine Aufgabe zu beginnen, wird eine Spannung erzeugt, die sich erst auflöst, wenn die Handlung abgeschlossen ist. Dies erklärt auch, warum wir den Drang verspüren, Bücher fertig zu lesen oder Filme bis zum Ende anzusehen. Wir wollen dann einfach die Spannung auflösen. Gleichzeitig bedeutet dies aber, dass viele offene Tätigkeiten auch entsprechende Kapazitäten unseres Gehirns brauchen. (3)

Für das Thema der Stressbewältigung und Burnoutprävention folgere ich daraus, dass viele unerledigte Aufgaben Spannung in uns erzeugen, unser Gehirn stärker beschäftigen und somit auch Stress verursachen. Demnach ist es empfehlenswert, möglichst viele Dinge abzuschließen, bevor wir uns etwas Neues vornehmen. Ähnlich war meine Empfehlung im Blogartikel „Die Kunst des Pausemachens“ (4). Wer Aufgaben vor einer Pause abschließt, kann diese besser genießen.

Was kann man aber tun, wenn man Tätigkeiten oder Aufgaben nicht abschließen kann? Zum Beispiel muss ich auf den Beitrag eines Kollegen warten, bis ich ein Projekt abschließen kann. Oder, ich muss Dinge zu Hause reparieren, wofür ich aber erst im Urlaub Zeit habe.

Rolf Dobelli meint in seinem empfehlenswerten Buch „Die Kunst des klugen Handelns“, dass es auch genügt, wenn man sich einen detaillierten Plan zur Lösung der Aufgabe macht. Dieser sollte in viele kleine Schritte aufgeschlüsselt sein. (5)

Indem ich mir genau aufschreibe, was noch zur Lösung dieses Problem zu tun ist, kann ich die Handlung mental „loslassen“. Der Plan ist somit eine Art Abschluss.

Im Sinne der Stressbewältigung ist es daher zu empfehlen, bewusst darauf zu achten, dass man Aufgaben abschließt oder zumindest plant, wie man sie erledigen wird.

(1) https://www.humanresourcesmanager.de/news/zeigarnik-effekt-wie-man-ihn-sinnvoll-nutzt.html

(2) https://portal.hogrefe.com/dorsch/zeigarnik-effekt/

(3) https://lexikon.stangl.eu/5254/zeigarnik-effekt/

(4) http://www.burnoutvermeiden.at/die-kunst-des-pause-machens/

(5) Dobelli, R. (2012). Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen. München: Carl Hanser Verlag

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